Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht Stuttgart: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle berät Sie qualifiziert rund um das Arbeitsrecht

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Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Arbeitsrecht

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert im Arbeitsrecht:

Das am 14.08.2001 eingeführte Allgemeine Gleichbehandlungsgestzt dient einer Umsetzung einer EU-Richtlinie, durch welche der Schutz vor Diskriminierung im Bereich von Beschäftigung und Beruf gewährleistet werden soll.

 

Der Schutzbereich sind die Merkmale der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion und Weltanschauung, der Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität und des Geschlechts.

Für andere, hier nicht aufgezählte Merkmale gilt dieses Gesetz nicht.

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde mit Datum vom 14.08.06 ins Leben gerufen und hat das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen , § 1 AGG.

Einsatz von Algorithmen im Bewerbungsverfahren kann zur Diskriminierung nach dem AGG führen.

Zunehmend werden von Arbeitgebern im Bewerbungsverfahren Algorithmen im Auswahlverfahren von Bewerbern genutzt, im Rahmen derer EDV gestützt eine quasi Vorauswahl für den Arbeitgeber unter den Bewerbern getroffen wird. Hieraus jedoch können sich Risiken für den Arbeitgeber ergeben, da eine Benachteiligung bestimmter Bewerbergruppen nicht sicher auszuschließen ist. Im Falle des Einsatzes solcher Algorithmen sollte jeder Arbeitgeber dringend darauf achten, dass die Programmierung dieser Algorithmen nicht zu einer Ungleichbehandlung führt.

Benachteiligung wegen Alter, ethnischer Herkunft, Geschlecht

Benachteiligung wegen Alter, ethnischer Herkunft, Geschlecht

BAG, Urteil vom 23.11.2017 - 8 AZR 372/16 (LAG Hamburg), BeckRS 2017, 144848

AGG §§ 3 I, II, 22

  1. Die Formulierung in einer Stellenanzeige „Für die Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen" enthält keine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung wegen des Alters.
  2. Eine Benachteiligung wegen des Alters wird nicht durch die Ausschreibung einer Teilzeitstelle bewirkt.
  3. Eine Stellenausschreibung bewirkt durch die Anforderung sehr guter Deutsch- und guter Englischkenntnisse keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft.
  4. Eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liegt nicht bereits dann vor, wenn vorgetragen wird, sowohl generell im IT-Bereich als auch im IT-Bereich des Arbeitgebers seien überwiegend Männer tätig. Dies vermag allein nicht die Vermutung i.S.d. § 22 AGG zu begründen, dass die Bewerberin im konkreten Stellenbesetzungsverfahren wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurde. (modifizierte Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)

 

(FD-ArbR 2018, 405345, beck-online)

Anforderung "Deutsch als Muttersprache" in einer Stellenausschreibung

Anforderung "Deutsch als Muttersprache" in einer Stellenausschreibung

BAG Urt.v. 29.06.17 -8 AZR 402/15- NZA 2018, 34

  1. Die in einer Stellenausschreibung enthaltene Anforderung "Deutsch als Muttersprache" kann Personen wegen ihrer ethnischen Herkunftin besonderer Weise benachteiligen i.S.v. § 3 II AGG. Sie bewirkt, soweit es an einer Rechtfertigung i.S.v. § 3 II AGG fehlt,  eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Die erworbene Muttersprache ist typischerweise mittelbar mit der Herkunft und damit auch mit dem  in § 1 AGG genannten Grund "ethnische Herkunft" verknüpft. Der Begriff "Muttersprache" betrifft den primären Spracherwerb. "Muttersprache" ist die Sprachce, die man als Kind -typischerweise von den Eltern- gelernt hat. Darauf, ob der Begriff der muttersprachlichen Kenntnisse den Rückschluss auf eine bestimmte Ethik zulässt, kommt es nicht an.
  2. Nach § 15 IV 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 I oder II AGG innerhalb einer Frist von 2 Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei den, die Tarifvertragspartner haben etwas anderes vereinbart Die Frist beginnt nach § 15 IV 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
  3. ....

AGG - Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft

AGG - Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft

BAG Urt.v. 18.09.2014 -8 AZR 759/13- = BeckRS 2014, 73585 = NJW-Spezial 2015, 82

Bewirbt sich ein Arbeitnehmer mehrfach hintereinander bei demselben Arbeitgeber, muss er seine Schwerbehinderteneigenschaft in jeder Bewerbung erneut offenlegen, soweit er diese im Bewerbuingsverfahren berücksichtigt haben möchte.

 

Anm.:

Hier wird die Grenze zum AGG-Hopping durch das Bundesarbeitsgericht aufgezeigt

BAG Urt.v. 18.09.2014 -8 AZR 759/13- = BeckRS 2014, 73585 = NJW-Spezial 2015, 82

Bewirbt sich ein Arbeitnehmer mehrfach hintereinander bei demselben Arbeitgeber, muss er seine Schwerbehinderteneigenschaft in jeder Bewerbung erneut offenlegen, soweit er diese im Bewerbuingsverfahren berücksichtigt haben möchte.

 

Anm.:

Hier wird die Grenze zum AGG-Hopping durch das Bundesarbeitsgericht aufgezeigt.

Keine Entschädigung für objektiv ungeeignete Bewerber

Keine Entschädigung für objektiv ungeeignete Bewerber

BAG Urt.v. 14.11.13 -8 AZR 997/12- = BeckRS 2014, 66940

Ein ungeeigneter Bewerber, der nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, hat auch dann keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn die Nichteignung dem Arbeitgeber unbekannt ist.

 

Anm.:

Dieses Urteil schafft etwas Erleichterung für den Arbeitgeber. Nach dem BAG besteht ein Entschädigungsanspruch nur, wenn die Bewerbung ernsthaft und der Bewerber geeignet ist. Hierzu kommt nun, dass der Arbeitgeber nichts von der fehlenden Eignung des Bewerbers wissen muss, wenn er diesen nicht zum Vorstellungsgespräch lädt.

Sinnvoll erscheint, dass der Arbeitgeber in der Stellenausschreibung ein klares Anforderungsprofil und enge Einstellungsvoraussetzungen beschreibt.

AGG - Auskunftsanspruch eines abgelehnten Bewwerbers

AGG - Auskunftsanspruch eines abgelehnten Bewwerbers

BAG Urt. v. 25.04.13 -8 AZR 287/08- BeckRS 2013, 68457

Ein abgelehnter Stellenbewerber hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat und nach welchen Kriterien die Einstellung gegebenenfalls erfolgt ist.

AGG, Bewerbungsverfahren, Kopftuch als religiöses Bekenntnis

AGG, Bewerbungsverfahren, Kopftuch als religiöses Bekenntnis

ArbG Berlin v. 28.03.2012 -55 Ca 2426/12-

  1. Trägt eine muslimische Frau in der Öffentlichkeit ein Kopftuch, ist dies als teil ihres religiösen Bekenntnisses und als Akt der Religionsausübung anzuerkennen.
  2. Wird eine Bewerberin bereits vor dem Abschluss des Bewerbungsverfahrens aus dem Kreis der in Betracht zu ziehenden Bewerberinnen ausgeschlossen, weil sie auf Nachfrage des otentiellen Vertragspartners angibt, das Kopftuch auch während der Arbeitszeit nicht ablegen zu wollen, wird die Bewerberin wegen ihrer muslimischen Religionszugehörigkeit diskriminiert.
  3. Gesetzgeberische Intention des AGG ist es auch, dass sich die Subjekte der Vertragsfreiheit nicht vn dem Gedanken leiten lassen mögen, der potentielle Vertragspartner zeige in Lebensfragen im Sinne des § 1 AGG eine haltung, die von der Mehrheitshaltung abweicht.

"Zu jung" kein Argument gegen Beförderung

„Zu jung“ kein Argument gegen Beförderung !

 

Neues zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Werden Chefposten besetzt, wird nach Erfahrung gefragt. Daher haben die „Älteren“ in der Regel die besseren Chancen aus Besetzung. Allerdings müssen sich das die „Jüngeren“ durchaus nicht gefallen lassen, wenn die Stelle „nur“ wegen ihres Alters nicht mit ihnen besetzt wird.

In einem solchen Falle liegt eindeutig ein Verstoß gegen das AGG vor, das eine Diskriminierung wegen des Alters (auch des jüngeren Alters) verbietet. Die Jüngeren müssen sodann aber auch beweisen, dass die Stelle nur aufgrund des höheren Alters durch den Kollegen besetzt wurde. Dies ist möglich, wenn sich auf der Bewerbung eine Anmerkung der Personalabteilung „zu jung“ befindet. Hier hat der „zu junge Bewerber“ sodann Anspruch auf Entschädigung.

Anderes gilt, wenn in einer Stellenanzeige nach „mehrjähriger Berufserfahrung“ gesucht wird. Ist diese nicht vorhanden, so stellt die Ablehnung eines jungen Bewerbers ohne diese langjährige Berufserfahrung keinen Verstoß gegen das AGG dar. Hier zeigt sich, dass regelmässig kein Verstoß gegen das AGG vorliegt, wenn sich ein Bezug auf eine bestimmte Altersforderung sachlich begründen lässt.

Anders jedoch, wenn in einer Anzeige ein Mitarbeiter in ein  „junges dynamisches Team“ gesucht wird. Dies können Ältere als Indiz für einen Verstoß gegen das AGG behaupten. Bei Jüngeren kann dies der Fall sein, wenn eine Stelle ab 50 für weibliche Mitarbeiter geschalten wird, um das Risiko für eine Schwangerschaft zu vermindern.

Hatte zunächst das AGG zunächst den Schutz älterer Arbeitnehmer im Visier, so sind es heute zunehmend die Jüngeren, welche dessen Schutzwirkung für sich in Anspruch nehmen. Alles eine Frage des aktuellen Arbeitsmarktes.

Verstoß gegen AGG durch Staffelung der Grundvergütung nach Lebensalterstufen im BAT

Verstoß gegen AGG durch Staffelung der Grundvergütung nach Lebensaltersstufen im BAT

LAG Berlin-Brandenburg Urt.v. 11.09.08 NJW 2009, 2909 (nicht rechtskräftig)

Entschädigung wegen geschelchtsspezifischer Benachteiligung

Entschädigung wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung – Besetzung einer Beförderungsstelle

BAG Urt. v. 24.04.08 –8 AZR 257/07- NJW 2008,3658

  1. Besetzt der Arbeitgeber eine Beförderungsstelle mit einem männlichen Arbeitnehmer und nicht mit einer schwangeren Arbeitnehmerin, welche eine mit diesem vergleichbare Stellung innehatte, so stellt dies für sich alleine betrachtet keine Tatsache dar, die eine Benachteiligung der Arbeitnehmerin wegen des Geschlechts vermuten lässt.
  2. Die Arbeitnehmerin muss für eine solche Vermutung weitere Tatsachen, so genannte Hilfstatsachen, darlegen und gegebenenfalls beweisen, an deren Vermutungswirkung allerdings kein zu strenger Maßstab anzulegen ist. Es genügt, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung spricht.
  3. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Arbeitnehmer vorgetragenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, unterliegt nur der eingeschränkten revisonsrechtlichen Überprüfung.

Altersdiskriminierung bei Sozialplänen

Altersdiskriminierung bei Sozialplanabfindung

BAG Urt.v. 26.03.2013 - 1 AZR 857/11

Eine Sozialplanregelung, nach der Arbeitnehmer nach dem vollendeten 62. Lebensjahr lediglich eine Mindestabfindung erhalten, verstößt selbst dann nicht gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters, wenn jüngere Arbeitnehmer eine höhere Abfindung erhalten.

 

Anm.:

Hier bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine ständige Rechtsprechung zur Kürzung von Abfindungen für rentennahe Arbeitnehmer. Zugleich macht das Gericht jedoch deutlich, dass solche Arbeitnehmer für den Fall, dass sie unmittelbar nach ihrem Ausscheiden oder zumindest nach dem Bezug von Arbeitslosengeld durch den Rentenbezug wirtschaftlich abgesichert sind, zumindest unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Anspruch auf eine "Mindestabfindung" haben.

Altersdiskriminierung bei Sozialplänen

Aufsatz Dr. Oelkers NJW 2008,614

Die üblichen Abfindungsregelungen dürfen weiterhin in Sozialplänen vereinbart werden. Sie sind AGG konform. Der Gesetzgeber hat durch die wörtliche Übernahme der Rechtsprechung des BAG in § 10 S.3 Nr. 6 AGG zum Ausdruck gebracht, dass die gängigen Sozialplanberechnungen, die das Lebensalter und/oder die Betriebszugehörigkeit berücksichtigen, durch § 10 S.3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt und rechtmäßig sind.

Es dürfen also weiterhin Abfindungsregelungen vereinbart werden, die weder das Alter noch die Betriebszugehörigkeit berücksichtigen, die rentennahe oder im Anschluss an die Kündigungsfrist rentenberechtigte Arbeitnehmer von Abfindungen ausnehmen, die bei Teilzeitkräften deren Betriebszugehörigkeit nur anteilig anerkennen – auch wenn solche Obergrenzen mittelbar ältere Arbeitnehmer stärker benachteiligen, und die Einmalzahlungen für Schwerbehinderte und/oder Unterhaltspflichten vorsehen. Eine altersgestaffelte Abfindungsregelung je nach Berufsgruppen ist zulässig, aber nicht erforderlich. Weil die Norm keine Verpflichtung zu gestaffelten Sozialplanleistungen enthält, darf das alter linear in die Berechnung von Abfindungen oder anderen Leistungen einbezogen werden. Es muss aber nicht einbezogen werden, wenn die Betriebsparteien ein differenzierte Sozialplanabfindung    haben wollen, sondern einheitliche und gleiche Ansprüche für alle Arbeitnehmer.

Altersgrenzen im AGG

 Altersgrenzen

  1. Vertragliche Altersgrenzen sind Höchstbefristungen. Sie unterliegen der Befristungskontrolle, müssen also sachlich gerechtfertigt sein.
  2. Altersgrenzen stellen grundsätzlich keine Diskriminierung wegen des Alters dar, wenn sie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind (streitig).
  3. Altersgrenzen auf die Vollendung des 65. Lebensjahres sind grundsätzlich sachlich begründet, weil der Arbeitnehmer durch den Bezug einer Altersrente i.d.R. wirtschaftlich abgesichert ist.
  4. Altersgrenzen vor Vollendung des 65. Lebensjahres sind an § 41 S.2 SGB IV zu messen. Zusätzlich müssen sie sachlich gerechtfertigt sein. Die Altersgrenze 63 setzt daneben voraus,, dass keine gleichheitswidrige Benachteiligung vorliegt. Altersgrenzen von 60 und 55 Jahren können einzel- und tarifvertraglich bei besonderen psychischen und physischen Anforderungen vereinbart werden, z.B. für Cockpit-Personal.
  5. Dauernde Berufs- und Erwerbsunfähigkeit führen nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, begründen aber i.d.R. ein Recht zur personenbedingten Kündigung.
  6. Der Bezug einer Rente wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit beendet das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht.

Geschlechterdiskriminierung bei Parkplatzvergabe

Geschlechtsdiskriminierung - Vergabe von Firmenparkplätzen

LAG Rheinland-Pfalz Urt.v. 29.09.2011 -10 Sa 314/11

 

Ein Arbeitgeber darf bei der Vergabe von Stellplätzen auf einem Firmengrundstück das Kriterium "Frauen vor Männer" berücksichtigen.

Bewerbungsverfahren öffentlicher Arbeitgeber, Einladung des Schwerbehinderten

AGG

Bewerbungsverfahren bei öffentlichem Arbeitgeber, AGG-Hopping, Indizwirkung bei Nichteinhaltung der Vorschriften zum Schutz schwerbehinderter Menschen, Anforderungen an die Widerlegung der Benachteiligung, Höhe der Entschädigung

LAG Ba-Wü Urt.v. 16.09.2011 -12 Sa 9/10-

 

1.

Kläger war objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet. Er hat sich ernsthaft um die Stelle bemüht und beworben. Angesichts der dauernden Arbeitslosigkeit des Klägers und der Vielzahl seiner Bewerbungen ist es abwegig, eine ernsthafte Bewerbungsabsicht des Klägers in Zweifel zu ziehen.

 

2.

Auch die Vielzahl der vom Kläger eingeleiteten Entschädigungsverfahren lässt nicht ernsthaft darauf schließen, dass sich der Kläger nicht ernsthaft um die Stelle bemüht hat. Die große Anzahl der Entschädigungsverfahren spricht vielmehr dafür, dass dieser gerechtfertigt die Unkenntnis der Stellenanbieter für eine gesetzlich richtige Besetzung der Stelle nicht hinzunehmen gedenkt.

 

3.

Nach § 22 AGG wird vermutet, dass eine Benachteiligung des Bewerbers vorliegen kann, wenn entsprechende Indizien dafür vorliegen, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde:

 

- entgegen § 82 S.1 SGB IX hat der Arbeitgeber es versäumt, die offene Stelle der Agentur für Arbeit zu melden und diese hierdurch einer größeren Zahl von arbeitssuchenden Schwerbehinderten zugänglich zu machen (so auch BAG Urt.v. 12.09.2006 -9 AZR 807/05).

 

-Entgegen § 82 Satz 2 SGB IX kam der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nach, gerade dem schwerbehinderten Bewerber die Möglichkeit zu eröffnen, sich persönlich vorzustellen (BAG Urt.v. 12.09.2006 -9 AZR 807/05; Urt.v. 21.07.2009 -9 AZR 431/08-). Ob der Arbeitgeber dies bewusst oder unbewusst gemacht hat, ist für den Gesetzesverstoß ohne Belang. Erschwerend kommt hinzu, dass der Schwerbehinderte der einzige Bewerber mit vollständigen Unterlagen war und dennoch nicht zum Vorstellungsgespräch geladen wurde.

 

4.

Der Arbeitgeber konnte die begründete Vermutung, die Nichteinladung beruhe nicht auf der Schwerbehinderung des Bewerbers nicht durch entgegenstehende Tatsachen entkräften.

Der Einwand, man habe keinen Arbeitslosen einstellen wollten, knüpft letztlich ebenfalls an den Umstand der Schwerbehinderung.

Auch die besseren Noten der anderen Bewerber schließen ebenfalls nicht aus, dass der Arbeitgeber den Schwerbehinderten wegen seiner Schwerbehindung nicht eingeladen hat. Von vornherein hat der Arbeitgeber deutlich gemacht, sich nicht nur an Examensnoten orientieren zu wollen.

Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber bereits mehr Schwerbehinderte beschäftigt, als sie nach § 71 Abs. 1 SGB IX musste, ändert nichts an der Vermutung, der Schwerbehinderte sei bei der Bewerbung benachteiligt worden.

 

5.

Eine Entschädigung des benachteiligten Bewerbers von € 4. 000,- erscheint angemessen Diese berücksichtigt sowohl Art und Schwere der Benachteiligung des Behinderten, wie auch den Sanktionszweck der Entschädigung (BAG Urt. v. 17.08.2010 - 9 AZR 839/08). Die Höhe des Entschädigungsbetrages muss auch sicherstellen, dass  der Arbeitgeber zukünftig Schwerbehinderten gegenüber eine aufgeschlossenere Haltung einzunehmen gedenkt.

 

Bewerbungsverfahren, Verstoß gegen Einladungspflicht der öffentlichen Hand

AGG - Bewerbungsverfahren

LAG Köln Urt.v. 12.05.2011 -6 Sa 19/11-

 

Ein Verstoß des öffentlichen Arbeitgebers gegen die Einladungspflicht des § 82 S.2 SGB IX rechhtfertigt die Vermutung er benachteilige Schwerbhinderte Menschen wegen ihrer Behinderung. Unternehmen der öffentlichen Hand,  die privatrechtlich organisiert sind (z.B. in der Rechtsform der GmbH oder AG), sind private und nicht öffentliche Arbeitgeber im Sinne des § 71 Abs. 3 SGB IX. Für sie besteht keine Verpflichtung der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.

Bewerbungsverfahren "junges motiviertes Team"

AGG, Bewerbungsverfahren "junges motiviertes Team", Entkräftung der Indizwirkung durch eigenes Bewerbungsschreiben

LAG Nürnberg v. 16.05.2012 -2 Sa 574/11

Die Formulierung in einer Stellenbeschreibung "wir bieten einen zukunftssicheren Arbeitsplatz in einem jungen motivierten Team" stellt für sich genommen noch keine Tatsache dar, die eine benachteiligung eines Bewerbers wegen des Alters vermuten lässt. Zudem kann ein inhaltsleeres, unstrukturiertes Bewerbungsschreiben, das kein unbeingtes Interesse an der Einstellung signalisiert, die Indizwirkung wieder entkräften.

Diskriminierung durch Stellenausschreibung

Diskriminierung durch Stellenausschreibung

BAG Urt.v. 24.01.2013 -8 AZR 429/11- = BeckRS 2013, 67925 = NJW-Spezial 2013, 276

Werden in einer Stellenausschreibung für ein Trainee-Programm "Berufsanfänger bzw. Young Professionals" gesucht, so kann dies ein Indiz für eine unzulässige altersbedingte Benachteiligung eines 36-jährigen Bewerbers mit Berufserfahrung darstellen.

Anspruch auf Weiterbeschäftigung bei befristetem Arbeitsverhältnis aus Diskriminierung

AGG, befristetes Arbeitsverhältnis, kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung

LAG Köln v. 13.02.2012 -2 Sa 767/11-

Kommt im Anschluß an einen befristeten vertrag kein weiteres Arbeitsverhältnis zustande und soll dies auf diskriminierenden Motiven beruhen, kann dies nur eine Entschädigung in Geld auslösen, nicht aber einen Anspruch auf unbefristete Weiterbeshcäftigung.

AGG - Wartezeit bei betrieblicher Altersversorgung

AGG - Wartezeit bei betrieblicher Altersversorgung

BAG Urt.v. 12.02.2013 -3 AZR 100/11- = BeckRS 2013, 68637 = NJW-Spezial 2ß13, 340

Eine Regelung, nach der ein Anspruch auf eine Betriebsrente nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Renteneintritt mindestens 15 Beschäftigungsjahre zurücklegen kann, stellt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters oder des Geschlechts dar.

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