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Anhörung Betriebsrat bei Kündigung

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert:

Anhörung des Betriebsrats bei Kündigung des Arbeitgebers

Anhörung des Betriebsrats

 

Der Betriebsrat ist gem. § 102 BetrVG vor jeder Kündigung zu hören. Dies unabhängig davon, ob das KSchG (mehr als 6 Monate Betriebszugehörigkeit oder mehr als 10 Arbeitnehmer) Anwendung findet.Dafür, dass die Anhörung ordnungsgemäß statt gefunden hat, ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig.

Die Anhörung selbst muss vor Ausspruch der Kündigung erfolgen. Das Anhörungsverfahren muss beendet sein, wenn die Kündigung erfolgt ist. Der Arbeitgeber kann nur vorzeitig kündigen, wenn der Betriebsrat vor Ablauf der ihm zustehenden Äußerungsfrist eindeutig zu verstehen gegeben hat,  dass er eine weitere Erörterung nicht mehr wünscht. Ist das Anhörungsverfahren abgeschlossen, muss der Arbeitgeber jedoch nicht unverzüglich kündigen. Lässt er jedoch eine gewisse zeit verstreichen ohne gekündigt zu haben, so muss das Anhörungsverfahren erneut erfolgen.

 

Kündigt der Arbeitgeber ohne den Betriebsrat anzuhören, so ist die Kündigung nichtig (§§ 102 I 2 BetrVG, 134 BGB). Selbst im Falle der Betriebsrat nachträglich zustimmt ist eine Heilung nicht mehr möglich. Die Nichtigkeit der Kündigung muss der Arbeitnehmer jedoch innerhalb der kurzen Frist des § 4 KSchG (3 Wochen ab Zugang der Kündigung) geltend machen. Somit muss innerhalb dieser Zeit Kündigungsschutzklage erhoben werden, ansonsten gilt die Kündigung als quasi genehmigt.

 

Wann ist eine Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung nicht nötig ?

Immer dann, wenn der Betrieb keinen Betriebsrat besitzt, bzw. auch vor Inkrafttreten eines gerade sich bildenden Betriebsrats und bei Kündigung leitender Angestellter (§ 5 III BetrVG). Ist nicht sicher, ob der zu Kündigende leitender Angestellter ist, so ist dringend zu empfehlen, dass der Betriebsrat dennoch vorsorglich zur Kündigung angehört wird und hilfsweise der Sprecherausschuss beteiligt wird.

Nicht nötig ist die Anhörung auch dann, wenn der Betriebsrat selbst die Kündigung verlangt (§ 104 BetrVG) und wenn z.B. der Arbeitnehmer für eine ausländische Tätigkeit im Ausland eingestellt wurde.

Das Anhörungsverfahren bei Betriebsrat bei arbeitgeberseitiger Kündigung

Das Anhörungsverfahren:

Zuerst muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die nötigen Angaben über die Kündigung machen. Anschließend muss der Betriebsrat sich mit der Kündigung befassen und hat zu entscheiden ob er überhaupt hierzu Stellung nehmen will und wenn ja, ob er zustimmt oder nicht. Werden vom Arbeitgeber Fehler bei der Mitteilung der beabsichtigten Kündigung und deren Begründung gemacht, so führt dies zur Nichtigkeit der Kündigung.

Werden vom Betriebsrat selbst Fehler bei der Beurteilung der Kündigung gemacht, so bleibt diese wirksam, selbst wenn der Arbeitgeber dies bemerkt und ändern könnte (BAG Urt. V. 06.10.2005 = NZA2006, 990).

Fehler die die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen sind unter anderem die Anhörung des Betriebsratsvorsitzenden anstatt des Betriebsrats, oder einfach die mangelhafte Mitteilung der Kündigungsgründe.

Fehler des Betriebsrats, wie z.B. Beratung im Umlaufverfahren oder in Gegenwart des Arbeitgebers oder die fehlerhafte Einberufung des Betriebsrats bleiben folgenlos und die Kündigung wirksam.

Im Einzelnen:

Zunächst muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber (mündlich oder schriftlich) mitteilen, um welche Person es sich handelt, die er kündigen möchte. Er hat die Art der Kündigung (fristlos oder fristgerecht), den Kündigungstermin und die Kündigungsfrist mitzuteilen, wobei die fehlerhafte Berechnung der Frist unschädlich ist. Und natürlich sich auch die Gründe der Kündigung mitzuteilen. Dies auch dann, wenn das KSchG (Betriebszugehörigkeit länger als 6 Monate und mehr als 10 Arbeitnehmer) noch gar nicht gilt.

Die Kündigungsgründe müssen aber nicht durch Tatsachen bewiesen werden, es genügen auch subjektive Gründe des Arbeitgebers

Soll eine Änderungskündigung ausgesprochen werden, so hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe der Kündigung und auch den Inhalt des Änderungsangebotes mitzuteilen. Im Falle sich aus der Kündigungsfrist Auswirkungen auf Sonderzuwendungen für den Gekündigten ergeben, so hat der Arbeitgeber auch die Kündigungsfrist mitzuteilen (BAG Urt.v. 20.03.1990 = NZA 90, 894). Zur Entgegennahme dieser Erklärung ist im Übrigen nur der Betriebsratsvorsitzende und im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter berechtigt (§ 26 I 2 BetrVG).

 

Der Arbeitgeber hat sodann dem Betriebsrat sämtliche Gründe mitzuteilen, auf welche er die Kündigung begründen möchte. Dies gilt sowohl für Gründe für, als auch gegen eine Kündigung. Gründe welche der Betriebsrat schon kennt müssen nicht mehr mitgeteilt werden, hierfür ist jedoch im Zweifel der Arbeitgeber beweisbelastet.

Die stichwortartige Mitteilung der Kündigungsgründe oder eine nur pauschale Beschreibung genügt hier nicht. Will der Arbeitgeber z.B. wegen häufiger Kurzarbeiten kündigen, muss er nicht nur die bisherigen Erkrankungen und Fehlzeiten mitteilen, sondern auch die wirtschaftlichen Belastungen für den Betrieb und die damit einhergehenden betrieblichen Beeinträchtigungen.

Nach wie vor umstritten ist, inwieweit der Arbeitgeber Kündigungsgründe nachschieben kann. Gem. dem BAG kann der Arbeitgeber die Kündigung nicht mehr auf nachgeschobene Gründe stützen, die ihm bereits vor der Anhörung des Betriebsrats bekannt waren. Diese hätten dem Betriebsrat sodann auch mitgeteilt werden müssen. Nachgeschoben werden können jedoch jederzeit Gründe, die lediglich den Kündigungssachverhalt näher erläutern und konkretisieren. Nachgeschoben werden können jedoch auch die Gründe, welche zwar bereits vor Anhörung vorlagen, jedoch dem Arbeitgeber erst später bekannt wurden.

 

Ganz wichtig bei der Anhörung zur außerordentlichen Kündigung und hilfsweisen ordentlichen Kündigung ist die Mitteilung an den Betriebsrat, dass hilfsweise ordentlich gekündigt werden soll. Die Anhörung zur außerordentlichen (ggf. fristlosen) Kündigung ersetzt nicht die Anhörung zur hilfsweise fristgerechten Kündigung. Ausnahme hier nur, wenn der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung bedingungslos zustimmt.

ungenutzter Fristablauf beim Anhörungsverfahren bei Kündigung vor Betriebsrat

Verfahren beim Betriebsrat

Hat der Betriebsrat gegen die Kündigung nichts einzuwenden, so muss er dies dem Arbeitgeber binnen Wochenfrist mitteilen. Bei einer außerordentlichen Kündigung binnen dreier Tage unter Angabe der Gründe. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 ff BGB. Äußert sich der Betriebsrat nicht binnen o.g. Frist, so gilt seine Zustimmung als erteilt. Andernfalls hat der Betriebsrat über die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers einen Beschluss zu fassen ( § 33 BetrVG).

Anhörung des Arbeitnehmers vom Betriebsrat bei Kündigung

Anhörung des Arbeitnehmers

Soweit erforderlich hat der Betriebsrat den Arbeitnehmer vor Fertigung seiner Stellungnahme zur beabsichtigten Kündigung zu hören (§ 102 II 4 BetrVG). Findet diese Anhörung nicht statt, so stellt dies zwar eine Pflichtverletzung des Betriebsrats dar, die Wirksamkeit der Kündigung indes bleibt hiervon unberührt. Die Betriebsratsmitglieder haben im Übrigen über das Ihnen vermittelte Wissen über die Kündigung Stillschweigen zu bewahren (§§ 102 II, 99 I BetrVG).

Widerspruch des Betriebsrats bei Kündigung des Arbeitnehmers

Widerspruch des Betriebsrats

Der Betriebsrat kann sodann eine Stellungnahme zur Kündigung an den Arbeitgeber verfassen und auch sämtliche Bedenken gegen die Kündigung zum Ausdruck bringen. Ein Widerspruchsrecht steht ihm jedoch nur aus den sich aus § 102 III BetrVG aufgezählten Gründen zu.

Wenn der Betriebsrat der Kündigung form- und fristgerecht widerspricht, ändert dies an der Wirksamkeit der Kündigung nichts. Aber der gekündigte Arbeitnehmer kann hierdurch einen Weiterbeschäftigungsanspruch erlangen. Wenn nun der Arbeitnehmer die Kündigung mittels der Kündigungsschutzklage binnen der 3-Wiochenfrist vor dem Arbeitsgericht angreift, kann er einen Weiterbeschäftigungsanspruch solange durchsetzen, bis ein gerichtliches und bestandskräftiges Endurteil des Gerichtes vorliegt.

Nachdem aber gegen ein Urteil des Arbeitsgerichtes ebenfalls mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, wird dies noch nicht rechtskräftig. Und selbst ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes kann mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Ein solcher Prozess kann Jahre dauern. In dieser Zeit hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen, selbst wenn jedes Gericht die Kündigung im Nachhinein als gerechtfertigt ansieht.

Widerspruchsschreiben des Betriebsrats bei Kündigung des Arbeitnehmers

Widerspruchsschreiben des Betriebsrats

Hat der Betriebsrat widersprochen, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer hiervon eine Ausfertigung zu übergeben. Unterlässt der Arbeitgeber dies, so ist die Kündigung gleichwohl wirksam. Andererseits kann der Arbeitnehmer bei Versäumung der 3-Wochenfrist zur Kündigungsschutzklage die nachträgliche Zulassung der Klage beanspruchen, da der Arbeitgeber die sachgemäße Prüfung der Erfolgsaussichten eines Kündigungsschutzprozesses vereitelt hat.

 

Hat der Betriebsrat aus einem der in § 102 III Nr. 2 – 5 BetrVG aufgezählten Gründen widersprochen, so kann der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage auch hierauf stützen. Das Arbeitsgericht hat sodann die sachlichen Voraussetzungen des Widerspruchs zu prüfen. 

Umfang der Unterrichtungspflicht des Betriebsrats bei Kündigung

Betriebsratsanhörung

 

Betriebsrat muss vor Kündigung vollständig unterrichtet werden

Der Betriebsrat muss vor einer Kündigung vollständig über alle Kündigungsgründe informiert werden. Das entschied das

Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem aktuell veröffentlichten Urteil. Demnach kann auch die formal korrekte Anhörung zu einer Unwirksamkeit der Kündigung führen, wenn der Arbeitnehmer plausibel darlegt, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat nicht «die ganze Wahrheit» gesagt hat (Az.: 7 Sa 167/05).

Das Gericht hob mit dem Urteil eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern auf und gab der Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers statt. Der Arbeitgeber hatte dem Kläger wegen Umsatzrückgangs betriebsbedingt gekündigt. Zuvor war auch der Betriebsrat informiert worden. Der Kläger argumentierte allerdings, die entsprechenden Informationen seien unvollständig gewesen.

Die Richter betonten, es genüge nicht, wenn dem Betriebsrat nur die wichtigsten Gründe genannt würden. Vielmehr habe der Arbeitgeber ihn «über alle Tatsachen und subjektiven Vorstellungen» zu unterrichten, die zur Kündigung geführt hätten. Dazu zählten auch die Gesichtspunkte, die im konkreten Fall gegen eine Kündigung gesprochen hätten. Da aus den dem Gericht vorgelegten Unterlagen nicht hervor gegangen sei, dass es eine derart umfassende Anhörung gegeben hat, werteten die Richter die Kündigung als unwirksam.

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