Versetzung im Arbeitsrecht: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert

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Versetzung im Arbeitsrecht

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert im Arbeitsrecht:

Eine Versetzung ist, wenn der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer eine Änderung des Aufgabenbereichs nach Art, Ort oder Zeit vornimmt.

Dies ist möglich, wenn der Arbeitgeber hierzu sein Direktionsrecht ausübt, oder dies mit dem Arbeitnehmer vertraglich vereinbart, oder diesem gegenüber eine Änderungskündigung ausspricht.

 

Ob der Arbeitgeber eine solche Versetzung schon alleine aufgrund seines Direktionsrechtes durchsetzen kann oder zuvor eine Änderungskündigung aussprechen muss, hängt vom Inhalt des Arbeitsvertrages ab.

 

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass eine Versetzung regelmässig auch eine Weisung des Arbeitgebers darstellt. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des BAG, hat dieser seine Rechtsprechung aufgegeben und geht nun davon aus, dem Arbeitgeber steht zumindest gegen "unbillige Weisungen" des Arbeitgebers ein Verweigerungsrecht zu. Zuvor hätte der Arbeitgeber der Weisung des Arbeitgebers Folge leisten müssen und zeitgleich bei Gericht überprüfen lassen, ob er der Weisung nachkommen muss.

Hierzu mehr unter Weisungsrecht des Arbeitgebers.

 

Ist die Versetzung vom Arbeitsvertrag gedeckt, so kann der Arbeitgeber sie kraft seines Direktionsrechtes anordnen. Ist ein Arbeitnehmer jedoch für eine bestimmte Tätigkeit eingestellt (z.B. Fahrzeugverkäufer), so kann er nicht anderweitig eingesetzt werden. Seine Weigerung anderweitig tätig zu werden kann somit auch keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Die Abgrenzung, was noch aus dem einzelnen Arbeitsvertrag gedeckt ist, was nicht, ist nicht immer einfach. Die anderweitige Tätigkeit muss jedoch bei Abschluß des Arbeitsvertrages vorhersehbar gewesen sein, ferner muss sie gleichwertig sein.

Eine dringende ärztliche Empfehlung, den Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an anderer Tätigkeit zu beschäftigen, rechtfertigt jederzeit eine Versetzung (BAG Urt.v. 17.02.98 = NZA 99,33).

Durch die Versetzung kann jedoch keinesfalls die Vergütung geändert werden. Hierzu ist zwingend eine Änderungskündigung nötig.



Schadensersatz wegen unwirksamer Versetzung – Schadensschätzung

Schadensersatz wegen unwirksamer Versetzung – Schadensschätzung

BAG, Urteil vom 28.11.2019 -8 AZR 125/18- = NJW 2020, 2131

  1. befolgt der Arbeitnehmer eine unwirksame Versetzung, ist der Arbeitgeber nach § 280 I 1 BGB zum Ersatz der zusätzlichen Reisekosten des Arbeitnehmers verpflichtet, die für die Fahrten von seiner Wohnung zu dem Arbeitsort, an den er versetzt wurde, entstehen.
  2. Der Umstand, dass keine - auch keine vorläufige - Bindung des Arbeitnehmers nach § 106 S.1 GewO, § 315 BGB an unbillige Weisungen des Arbeitgebers besteht, führt nicht dazu, dass ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, der die unwirksame Versetzung befolgt, wegen eines Mitverschuldens gem. § 254 I BGB ausgeschlossen oder gemindert ist.
  3. Im Rahmen einer Schadensschätzung nach § 287 I ZPO können wegen der Reisekosten die Regelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) herangezogen werden.

Versetzungsklauseln und AGB-Kontrolle

Versetzungsklauseln –AGB-Kontrolle

BAG Urt. v. 11.04.06 NJW 2006,3303

  1. § 308 Nr. 4 BGB ist nicht auf arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalte anzuwenden; denn die Vorschrift erfasst nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich der Leistung des Verwenders. Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen betreffen demgegenüber die Arbeitsleistung als die dem Verwender geschuldete Gegenleistung.
  2. Eine formularmäßige Versetzungsklausel, die materiell der Regelung des § 106 S. 1 GewO nachgebildet ist, stellt weder eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 I 1 BGB dar noch verstößt sie allein deshalb gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB, weil keine konkreten Versetzungsgründe genannt sind.

Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag

Versetzungsklauseln

BAG Urteil v. 11.04.06 NZA 2006,1149

Eine Versetzungsklausel in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, mit der sich der Arbeitgeber die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes vorbehält, verstößt nicht gegen Bestimmungen des AGB-Rechts.

 

Praxishinweis:

Diese Entscheidung ist sinnvoll und an der Praxis orientiert, da es kaum noch einen Arbeitsvertrag ohne eine solche Versetzungsklausel gibt. Sehr positiv ist, dass das Gericht keine hohen Anforderungen an die Formulierung solcher Klauseln stellt und somit auch Regelungen in Altverträgen wirksam sein dürften.

Bei der Gestaltung solcher Klauseln ist jedoch darauf zu achten, dass dringend zwischen der Arbeitsaufgabe und dem Arbeitsort zu unterscheiden ist. Die Versetzungsklausel lässt sich nämlich in beide Richtungen vertraglich erweitern.

Grenzen des Versetzungsrechts

Grenzen des Versetzungsrechts

BAG Urt. v. 18.10.12 -6 AZR 86/11- (BeckRS 2012,75282)

 

Das Versetzungsrecht des Arbeitgebers ist durch Tarifvertrag einschränkbar. Ohne Öffnungsklausel kann diese Einschränkung in aller Regel nicht durch Betriebsvereinbarung aufgehoben werden.

Versetzung an anderen Arbeitsplatz

Versetzung an anderen Arbeitsplaz

Direktionsrecht - Bestimmung des Arbeitsorts

BAG Urt.v. 28.08.2013 -10 AZR 569/12- = BeckRS 2013, 74788 = NJW-Spezial 2014, 19

Die Bestimmung eines Orts im Arbeitsvertrag an dem die Arbeit zu beginnen hat, schließt spätere Änderungen des Orts der Arbeitsleistung kraft Direktionsrecht nicht aus.

 

Anm.:

Sonderurteil für Arbeitsplatz als Flugbegleiter. Diese haben mit wechselnden Arbeitsorten zu rechnen. Ansonsten gilt regelmässig als Arbeitsort derjenige, der im Arbeitsvertrag steht. Ausnahmen können dann nur gemacht werden, wenn bereits hier eine Formulierung aufgenommen wird, dass gem. Direktionsrecht auch ein anderer Ort zum Ort des Arbeitsplatzes werden kann.

Eine kurzzeitige Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs in einem Möbelmarkt stellt keine Versetzung i.S.d. §§ 99, 95 III BetrVG dar.

LAG Niedersachsen, Beschluss vom 29.04.2019 -12 TaBV 51/18-

  1. die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs erfüllt für sich allein den Versetzungsbegriff des §§ 95 III 1 BetrVG nur, wenn sie für längere Zeit als einen Monat geplant ist. Andernfalls liegt auch bei Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine Versetzung nur vor, wenn mit dieser Zuweisung zugleich eine erhebliche Änderung der Umstände einhergeht, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
  2. Diese Arbeit Umstände sind die äußeren Umstände, unter denen der Arbeitnehmer seine- ohnehin andere- Tätigkeit zu verrichten hat.
  3. Bei der Betrachtung und Beurteilung, ob in diesem Sinne eine erhebliche Änderung der Umstände vorliegt, unter denen die Arbeit zu leisten ist, darauf keine Atomisierung Betrachtungsweise gewählt werden, sondern es bedarf einer wertenden Gesamtschau, aller Umstände, unter denen die konkrete Arbeit zu leisten ist.
  4. Dazu gehört auch die Frage, ob die Arbeit überwiegend mit oder ohne Kundenkontakt zu leisten ist. Dieser Umstand beeinflusst insoweit die Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist, als im Handelsbereich die Bedürfnisse und Anforderungen des Kunden (z.B. an der Kasse) weder gänzlich zurückgewiesen noch für längere Zeit zurückgestellt werden können, sondern stets Vorrang genießen.

Auswahlentscheidung bei Versetzung

Auswahlentscheidung bei Versetzung

BAG Urt.v. 10.07.2013 -10 AZR 915/12- = BeckRS 2013, 71758

Die Auswahl der aus diesntlichen Gründen zu versetzenden Arbeitnehmer erfolgt nach billigem Ermessen. Es ist unzulässig, nur Arbeitnehmer auszuwählen, die zuvor befristet tätig gewesen sind.

 

Anm.:

Der Arbeitgeber tut somit gut daran, bei der Bildung des relevanten Personenkreises Sorgfalt walten zu lassen. Ist der Personenkreis nicht korekt ausgewählt, vor allem nicht weit genug bestimmt, so kann sich die Versetzung als unwirksam erweisen, selbst, wenn sie an sich gerechtfertigt wäre.

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