Verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert

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verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert im Arbeitsrecht

Die verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht setzt zunächst ein bewußtes und willentliches Verhalten des Arbeitnehmers voraus, welches erheblich gegen arbeitsvertragliche Pflichten  verstößt.

 

Ist der Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten von einer Intensität, dass es dem Arbeitgeber schlicht nicht mehr zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, so kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ggf. sogar fristlos kündigen, z.B. bei Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber.

 

Im Regelfall der Vertragsverstöße des Arbeitnehmers ist dies jedoch nicht möglich, da von den Gerichten oft keine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung gesehen wird.

In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung zuerst einmal abmahnen. Die Abmahnung eines vertragswidrigen Verhaltens ist somit regelmässig Voraussetzung um verhaltensbedingt kündigen zu können.

Dies betrifft z.B. häufigeres zu spät kommen, Rauchen in nicht dafür zulässigen Räumlichkeiten, verspätete Krankmeldung, .....

Je nach Intensität des Vertragsverstoßes, der Dauer der Betriebszugehörigkeit, etc. muss ggf. auch 2 oder 3 x abgemahnt werden, bevor die Kündigung ausgesprochen werden kann.

Sinnvoll für den Arbeitgeber ist, sich in solchen Fällen zuvor von dem spezialisierten Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen.

Prüfliste verhaltensbedingte Kündigung im Arbeitsrecht

Prüfliste verhaltensbedingter Kündigung

 

  1. Abmahnung

(1)    Wann ereignete sich der abgemahnte Pflichtverstoß und was lag der Abmahnung zugrunde

(2)    In welchem Betrieb ereignete sich der Pflichtverstoß (Leistungsbereich, betriebliche Verbundenheit, Unternehmensbereich, Vertrauensbereich)

(3)    Abmahnungsberechtigung

(4)    Sachverhalt der neuen Pflichtverletzung und Beweismittel

(5)    Verhältnismäßigkeit, reicht weitere Abmahnung (ultima ratio-Prinzip)

 

Die Abmahnung ist Ausdruck der Missbilligung eines Verhaltens unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sofern das Verhalten nicht geändert wird.

Mit der Abmahnung soll der Arbeitnehmer an seine vertraglichen Pflichten erinnert (Erinnerungs- oder Warnfunktion) und vor Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis bei weiterem Fehlverhalten gewarnt werden

Infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist bei einer ordentlichen verhaltens-bedingten Kündigung vorab abzumahnen. Wie viele Abmahnungen zur Kündigung nötig sind hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und von der Schwere der Pflichtverletzung. Je schwerer die Pflichtverletzung umso weniger häufig muss abgemahnt werden, wobei auch eine Rolle spielt, wie lange die letztmalige Pflichtverletzung zurückliegt.

Zu beachten ist jedoch, dass zu viele Abmahnungen eine sodann ausgesprochene Kündigung zunichte machen können, da in einem solchen Falle die Warnfunktion der Abmahnung verpufft. Wie beim Fehlverhalten eines Kindes, welches ohne tatsächliche Konsequenz immer nur ermahnt wird, braucht der Arbeitnehmer bei einer Vielzahl von Abmahnungen nicht mehr mit einer Kündigung zu rechnen.

 

Abmahnungsberechtigt:

sind nicht nur kündigungsberechtigten Personen, sondern alle Mitarbeiter, die nach ihrer Aufgabenstellung berechtigt sind, Anweisungen zu erteilen, somit auch die Fachvorgesetzten.

 

Abmahnung des Betriebsratsmitgliedes

ist möglich, jedoch nicht wegen der berechtigten Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten.

 

Formalien und Wirksamkeitsvoraussetzungen:

-         Die Abmahnung muss hinreichend bestimmt sein, da sie ansonsten keine Wirkung entfalten kann. Die Pflichtverletzungen/Leistungsmängel müssen konkretisiert sein und die Kündigung im Wiederholungsfall muss angedroht sein.

        Daneben sollte die Abmahnung dringend schriftlich erfolgen. Sie ist zwar mündlich möglich, jedoch kaum beweisbar.

-         Die Abmahnung muss an den Adressaten zugehen, d.h. es muss der Beweis des Zuganges geführt werden. Dies wird erreicht, indem der Adressat dem Empfang quittiert oder die Abmahnung in Gegenwart von Zeugen übergeben wird. Einschreiben mit Rückschein sind kritisch, da im Falle der Adressat nicht zu Hause ist, die Abmahnung postlagernd abzuverlangen ist, ansonsten wird sie nach Wochen (ohne Zugang) an den Versender zurückgeschickt.

-         Bei mehreren Vorwürfen ist die Abmahnung nur wirksam, wenn alle Vorwürfe richtig sind. Trifft einer nicht zu, so muss die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden. Der Arbeitgeber kann jedoch wegen des wirksamen Restes eine neue Abmahnung aussprechen.

-         Ein Austausch der Abmahngründe oder deren Nachschieben im Prozess ist nicht statthaft. Stellt sich im Prozess heraus, dass die Abmahngründe nicht zutreffen, kann der Arbeitgeber nicht andere Gründe nachschieben. Es bleibt ihm nur noch, aus diesen Gründen heraus eine neue Abmahnung zu erteilen.

-         Die Auswirkungen einer Abmahnung sind zeitlich begrenzt. Es steht dem Arbeitgeber frei, ob und wann er abmahnt. Zu beachten ist jedoch, dass je länger der Arbeitgeber wartet um abzumahnen, die Wirkung der Abmahnung immer schwächer wird.

-         Die Abmahnung unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates.

 

Allgemeines:

Beim Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist eine Abmahnung grds. nicht erforderlich. Im Rahmen der ordentlichen (fristgerechten) verhaltensbedingten Kündigung ist zu beachten, dass im Kündigungszeitpunkt davon ausgegangen werden können muss, dass der Arbeitnehmer sein negatives Verhalten auch in Zukunft nicht ändert Im Falle zuvor bereits eine entspr. Abmahnung erteilt wurde, ist davon auszugehen, dass sein Verhalten auch zukünftig negativ ist.

Im Falle deutlich und klar ist, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig sein Fehlverhalten nicht ändert kann eine vorige Abmahnung jedoch auch entbehrlich sein. Hier ist auch die Schwere und Intensität, wie auch Außenwirkung des Fehlverhaltens relevant, z.B. Straftaten, sexuelle Zudringlichkeiten, etc.

Im Falle der Arbeitgeber abmahnt, kann er aus dem abgemahnten Grund heraus nicht mehr kündigen.

 

Einsichtsrecht in Personalakte:

Alle Arbeitnehmer haben Einsichtsrecht in ihre Personalakte. Sie dürfen sich hierzu auch durch einen Bevollmächtigten (z.B. Betriebsrat) vertreten lassen.

 

Rechtliche Möglichkeiten gegen die Abmahnung:

-         Gegendarstellung in die Personalakte fertigen

        Anspruch auf Vervollständigung der Personalakte durch Gegendarstellung kann gerichtlich durchgesetzt werden.

-         Klage vor dem Arbeitsgericht

        Es kann Klage auf Rücknahme und Beseitigung der Abmahnung vor dem Arbeitsgericht erhoben werden. Dies sollte jedoch mit Vorsicht überlegt werden, da durch die Klage das Arbeitsverhältnis nicht gering belastet wird.

-         Gar nichts tun

        Kann Sinn machen vor dem Hintergrund, dass im Falle eine verhaltensbedingte Kündigung anzugreifen ist, zu diesem Zeitpunkt die Abmahnung, welche ja Grundlage der Kündigung darstellt, angegriffen werden kann. Bei entspr. Zeitablauf können dem Arbeitgeber sodann die Beweismittel fehlen oder verlustig gegangen sein. Der Arbeitgeber hat die Beweislast für die Behauptung, dass ein Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers vorliege.

 

Ausschlußfristen:

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes unterliegt der Beseitigungsanspruch keiner tariflichen Verfallfrist.

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Manipulation von Akten

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Manipulation von Akten

BAG Urt.v. 23.01.14 -2 AZR 638/13- NJW 2014, 2520

  1. Die Manipulation von Akten durch den Arbeitnehmer zu dem Zweck, Pflichtverstöße zu verschleiern und eine konkrete Aufgabenerfüllung vorzutäuschen, kann auch ohne vorangegangene Abmahnung geeignet sein, die ordentliche Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters sozial zu rechtfertigen.
  2. Der Arbeitgeber kann die Kündigung erklären, sobald das Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen ist. Hat die Einigungsstelle beschlossen, die Zustimmung des Personalrats zu ersetzen, braucht der Arbeitgeber die - schriftliche Begründung des Beschlusses nicht abzuwarten.

Kündigung bei außerdienstlichen Straftat

Außerdienstliche Straftaten eines im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmers können grundsätzlich eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, auch wenn kein unmittelbarer Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht.

BAG Urt.v. 10.04.14 -2 AZR 684/13- = BeckRS 2014, 72639 = NJW-Spez 2014, 660

 

Arbeitnehmer war für eine Bundesbehörde im Bereich Leistungsgewährung nach SGB II tätig und wurde nun nach wiederholten Verurteilungen wegen Handelns mit Betäubungsmitteln und aktueller Verurteilung mit Freiheitsstrafe auf Bewährung vom Arbeitgeber gekündigt. BAG gab dem Arbeitgeber recht.

Doch Vorsicht, die Anforderung an eine solche Kündigung sind in der Privatwirtschaft höher !

verhaltensbedingte Kündigung aus wichtigem Grund eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers

Verhaltensbedingte Kündigung, wichtiger Grund bei tariflicher Unkündbarkeit

LAG RheinlandPfalz v. 03.05.2012 -2 Sa 620/11-

Einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer kann aus einem verhaltensbedingten wichtigem Grund fristlos nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung nicht einmal bis zum Ablauf der "fiktiven Frist" zur ordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist (hier: unentschuldigtes Fehlen).

Verhaltensbedingte Kündigung, Diebstahl geringwertiger Sachen

Verhaltensbedingte Kündigung, Diebstahl geringwertiger Sachen

LAG Rheinland-Pfalz v. 03.05.2012 -2 Sa 620/12-

Die Mitnahme einer Zigarettenschachtel aus einer Zigarettenproduktion kann im Einzelfall auch bei 20-jähriger Beschäftigung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Bei einer Tatkündigung trägt der Arbeitgeber allerdings die Darlegungs- und Beweislast für den inneren Diebstahlvorsatz und die Unwahrheit einer vom Arbeitnehmer vorgebrachten entlastenden Erklärung.

verhaltensbedingte Kündigung, Arbeitszeitbetrug, "Ausgleich" durch Verpflichtung zur unentgeltlichen Mehrarbeit

verhaltensbedingte Kündigung, Arbeitszeitbetrug, "Ausgleich" durch Verpflichtung zur unentgeltlichen Mehrarbeit

LAG Berlin-Brandenburg v. 13.06.2012 -15 Sa 407/12-

  1. Nicht jede Falschangabe in der elektronischen Zeiterfassung (hier: vier Vorfälle im Umfang einer ca. Stunde) rechtfertigen eine ordentliche kündigung i.S.d. § 1 KSchG.
  2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zur Ableistung von 10 Überstunden im Monat ohne (weitere) Vergütungszahlung verpflichtet ist und dieses Kontingent nicht ausgeschöpft hat.

Verhaltensbedingte Kündigung, heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs

Verhaltensbedingte Kündigung, heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs

LAG Rheinland-Pfalz v. 30.04.2012 -5 Sa 687/11-

Die heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs auf einem Mobiltelefon kann eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. Es ist einem Arbeitnehmer grundsätzlich verwehrt, zu einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber ein aufnahmebereites Tonbandgerät heimlich mit sich zu führen. Die sich darin dokumentierende Bekundung des Misstrauens gegenüber dem Arbeitgeber schließt eine zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit eigentlich aus und kann auch eine außerordentliche fristlose kündigung rechtfertigen, den die Sicherung dessen, was tatsächlich besprochen wurde, kann der Arbeitnehmer dadurch erreichen, dass er eine Person seiner Wahl hinzuzieht (Betriebsratsmitglied, Anwalt, usw.). Darauf muss sich der Arbeitgeber auch bei innerbetrieblichen Gesprächen einlassen, wenn er selbst eine dritte Person zum Gespräch hinzuzieht. Wenn ein Gesprächsteilnehmer Aufzeichnungen eines Gesprächs fertigen will, muss er den Gesprächspartner vorab darüber informieren und um die Erlaubnis bitten, das Gespräch aufzeichnen zu dürfen. Nur dann hat dieser die Möglichkeit, entweder die Teilnahme am Gespräch zu verweigern oder aber seine Worte unter Berücksichtigung der Aufzeichnung auf einen Tonträger zu wählen. Vorliegend konnten die Gesprächsteilnehmer davon ausgehen, dass das vertrauliche Personalgespräch nicht aufgezeichnet wurde. Die Klägerin hat durch dieses Verhalten das Vertrauensverhältnis gegenüber der beklagten zerstört und zudem auch den Tatbestand des § 201 Abs.1 Nr.1 StGB verwirklicht.

Verhaltensbedingte Kündigung, Besuchsberichte im Außendienst, Anhörungserfordernis zu Angaben Dritter

Verhaltensbedingte Kündigung, Besuchsberichte im Außendienst, Anhörungserfordernis zu Angaben Dritter

ArbG Berlin Urt.v. 13.06.2012 -28 ca 1396/12-

Die Einholung telefonischer Auskünfte bei Kunden eines Versicherungsunternehmens über in der Arbeitsberichtserstattung dokumentierte Besuchstermine eines Mitarbeiters ist wegen der situativen Intransparenz und Fehleranfälligkeit derartiger Informationsgewinnung problematisch. Soll auf der Grundlage derart gewonnener Eindrücke die Verhaltensbedingte kündigung des betreffendenden Mitarbeiters betrieben werden, so ist dieser zu den telefonisch ermittelten Erkenntnissen vor Ausspruch der kündigung zu anzuhören. Andernfalls ist die Kündigung -analog den Verhältnissen bei der "klassishen" Verdachtskündigung- unwirksam.

verhaltensbedingte Kündigung, öffentlicher Dienst, Anforderunen an die Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei ordentlicher Unkündbarkeit

verhaltensbedingte Kündigung, öffentlicher Dienst, Anforderungen an die Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei ordentlicher Unkündbarkeit

LAG Köln v. 17.01.2012 - 12 Sa 1502/10-

Der Arbeitgeber ist auch bei dauernder Unmöglichkeit, den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Shäre des Arbeitnehmers resutierende Hindernis (hier: Entzug der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach Kenntniserlangung vom privaten Kontakt zu einem strafrechtlich verfolgten Verwandten) nicht nur seiner Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle (hier: nicht sicherheitsempfindlicher Bereich) entgegensteht.

Zur Vermeidgung einer Kündigung hat der Arbeitgeber alle in Betracht kommenden Beschäftigungs- und Einsatzmöglichkeiten im Rahmen des gesamten territorialen Einflussbereicht des öffentlichen Arbeitgebers zu prüfen. Diese Prüfung muss konkret anhand der bestehenden Stellenpläne erfolgen, auch wenn diese nicht zentral erfasst werden. Die bloße Abfrage von Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen behörden ohne eigene Prüfung genügt nicht.

verhaltensbedingte Kündigung, "whistle-blower", Prüfung der erhobenen Vorwürfe auf Wahrheitsgehalt

verhaltensbedingte Kündigung, "whistle-blower", Prüfung der erhobenen Vorwürfe auf Wahrheitsgehalt

LAG Köln v. 02.02.2012 -6 Sa 304/11-

Die unter Angabe einer falschen Quelle objektiv unwahre Behauptung der Manipulation an den technischen Sicherheitseinrichtungen öffentlicher Verkehrsmittel ist grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Der Arbeitnehmer ist vor Erstattung einer Strafanzeige stets verpflichtet, sorgfältig zu prüfen, ob die Informationen zutreffend und zuverlässig sind.

außereheliche Beziehung am Arbeitsplatz

Auflösungsantrag bei Konkurrenztätigkeit

Verhaltensbedingte Kündigung, außereheliche Beziehung am Arbeitsplaz, Auflösungsantrag bei Konkurrenztätigkeit nach Kündigungsausspruch

ArbG Oldenburg v. 06.07.2011 -3 Ca 63/11- 

Zur arbeitsvertraglichen Treuepflicht eines Arbeitnehmers gehört es, den Betriebsfrieden zu wahren, d.h. mit dem Arbeitgeber und den Arbeitskollegen vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, deren Privatspäre zu achten und private Konflikte nicht in den Betrieb zu tragen (KR-Etzel, 7. Aufl. § 1 KSchG Rdnr. 467).

Stört der Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch Handlungen, die das friedliche Zusammenarbeiten der Arbeitnehmer untereinander und mit dem Arbeitgeber erschüttern oder wenigstens nachhaltig beeinträchtigen und nachteilige betriebliche Wirkungen haben, kann dies eine verhaltensbedingte, ordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG v. 15.12.1977 -3 AZR 184/76-). Nach diesem Grundsatz erweist sich die vorliegende Kündigung jedoch als rechtsunwirksam.

Eine kündigungsrelevante Störung des Betriebsfriedens, womit die Beklagte (Arbeitgeber) die Kündigung in erster Linie begründet, ist im Ergebnis nicht feststellbar.

Zwar vermag das Gericht den Vortrag der Beklagten, die Dreiecksbeziehung des Klägers habe sowohl in der Redaktion als auch in der lokalen Öffentlichkeit für Geschwätz und Gesprächsstoff gesorgt, nachvollziehen. Solche Ereignisse sind immer beliebte Themen für den "Büroklatsch" und fordern in besonderer Weise zur teilnahme heraus. Auch liegt es auf der hand, dass die Beziehung an Brisanz gewonnen hat durch die unmittelbare Nähe aller Beteiligten. Alle Betroffenen arbeiten als Redakteure in einer von der Größe her sehr überschaubaren Redaktion. Von daher kann die an sich zum persönlichen Lebensbereich des Klägers gehörende Angelegenheit nicht ohne Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis zur Beklagten bleiben.

Der Betriebsfrieden jedoch ist nicht gestört. Hierzu bedarf es zunächst um die konkreten Auswirkungen des pflichtwidrigen Handelns. Haben die besonderen Umstände zu einer Lähmung der jeweiligen Tätigkeiten geführt, bzw. diese erheblich erschwert ? Hieran fehlt es jedoch.

 

Auflösungsantrag des Arbeitgebers.

Gleichtwohl endet das Arbeitsverhältnis der Parteien, da es aufzulösen war, da eine hinreichende Vertrauensgrundlage des Arbeitgebers für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht.

Als Auflösungsgründe im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seinr Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhltnis zu den übrigen Kollegen betreffen. Wenn zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen kann, dass eine weitere Zusammenarbeit gefährdet ist, kann der Auflösungsantrag gerechtfertigt sein.

Soweit etwaige Auflösungsgründe das Gewicht eines Kündigungsgrundes erreichen, steht es dem Arbeitgeber frei, ob er hiermit die Auflösung begrndet oder das Verhalten zu Anlass nimmt, eine (weitere) Kündigung auszusprechen (BAG v. 07.03.2002 -2 AZR 158/01).Da nach diesen Gründsätzen ein gedeihliches Zusammenwirken der Parteien für die Zukunft nicht mehr zu erwarten ist, war dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers stattzugeben. Durch die Aufnahme einer Redakteuerstätigkeit bei dem unmittelbaren Konkurrenten hat der kläger die Grundlagen einer künftigen Zusammenarbeit irreparabel zerstört.

Eine Konkurrenztätigkeit rechtfertigt im Regelfall eine außerordentliche Kündigung (vgl. BAG) und zwar auch ohne vorige Abmahnung. Grund hierfür ist, dass der unberechtigte Wettbewerb regelmässig einen schwerwiegenden Eingriff in die wesentlichen Geschäftsinteressen des Arbeitgebers darstellt. Mit der hinwendung zur Konkurrenz zerstört der Arbeitnehmer jegliche Grundlage einer zukünftigen Zusammenarbeit. Loyalität und Vertrauen, für die Aufgabe eines Redakteurs unabdingbare Voraussetzungen, haben kein Fundament mehr, auf dem sich auch künftige nutzbringendeZusammenarbeit aufbauen könnte.

Kündigung verhaltensbedingt, Außerdienstliche Straftat

Verhaltensbedingte Kündigung bei außerdienstlichem Vrhalten, Verurteilung wegen Herstellung von Drogen

LAG v. 25.10.2011 -19 Sa 1075/11-

Due außerdienstliche Begehung von Straftaten kann auch Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertraunswürdigkeit eines Arbeitnehmers begründen und dazu führen, dass es diesem an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben fehlt. Daraus kann, abhängig von seiner Beschäftigung, ein personenbedingter Kündigungsgrund folgen. Ob ein solcher vorliegt, hängt von der Art des Delikts und den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. Straftaten eines im Öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers werden grundsätzlich auch dann zu einem Eignungsmangel führen können, wenn sie außerdienstlich begangen wurden und es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt.

Ein angestellter Polizist im Wachdienst, der hoheitlich tätig ist, verletzt seine vertragliche (Neben-)Pflicht zur Rücksichtnahme gem. § 241 Abs.2 BGB schwerwiegend, wenn er unerlaubt Partydrogen herstellt und deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten auf Bewährung verurteilt wird. Die ordentliche kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist regelmäßig gerechtfertigt.

Kündigung verhaltensbedingt, Beleidigung des Arbeitgebers

Beleidigung des Arbeitgebers, verhaltensbedingte Kündigung

LAG Rheinlad-Pfalz v. 04.05.2011 -8 Sa 361/10-

Die Äußerung eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber "Sie haben mir nichts mehr zu sagen. Ihre Zeit ist abgelaufen." beinhaltet eine grobe Beleidigung, nämlich eine erhebliche Miss- und Nichtachtung der Person in seiner Stellung als Arbeitgeber, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung und erst recht eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt.

verhaltensbedingte Kündigung wegen Vorteilsannahme

Kündigung verhaltensbedingt, Vorteilsannahme

LAG Düsseldorf v. 02.03.2012 -6 Sa 1081/11-

Der Vertriebsleiter, der sich von einem Geschäftspartner unberechtigt Vorteile gewähren lässt (private Bauleistungen durch Erstellung einer Terrasse nebst Beleuchtung) bietet Anlass zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung.

Verhaltendbedingte künigung, keine Arbeitsverweigerung bei situativer Konfliktsituation

Verhaltensbedingte Kündigung, keine Arbeitsverweigerung bei situativer Konfliktsituation

ArbG Berlin Urt.v. 25.02.2012 -28 Ca 4449/12-

  1. Der Tatbestand sog. "beharrlicher Arbeitsverweigerung" setzt in der Person des Arbeitnehmers dessen "intensive Weigerung" (Nachhaltigkeit) voraus (s. BAG v. 21.11.1996 -2 AZR 357/95-).
  2. Von einer solchen "Nachhaltigkeit" kann im Zuge dialogischer Konfrontation über das (ggf. vermeintliche) Recht einer Verkäuferin, zum Verzehr eines Brötchens eine Pause einzulegen, keine Rede sein, solange die vom Arbeitgeber selber als "wutentbrannt" geschilderte Betroffene noch keine Möglichkeit hatte, zu besonnener Überlegung und Entschlussfassung zurückzukehren (vgl. auch LAG Frankfurt/main v. 21.05.1985 -13 Sa 102/05-)

Nach-der-Tat-Verhalten des Arbeitnehmers vor Kündigungsausspruch

Kündigung verhaltensbedingt, Berücksichtigung des Nach-Tat-Verhaltens vor Kündigungsausspruch nach "Emmely"

LAG Berlin-Brandenburg v. 01.12.2011 -2 Sa 2015/11-

Nach der langjährigen Rechtsprechung des 2. Senats des BAG (vgl. BAG vom 24.11.2005 -2 AZR 39/05-) kann das Verhalten des Arbeitnehmers nach Begehung einer Pflichtwidrigkeit, aber vor Ausspruch der Kündigung ("Nach-tat-Verhalten")  in die Interessenabwägung einbezogen werden und sich ggf. zu Lasten des Arbeitnehmers auswirken, wenn dieser beispielsweise die Pflichtwidrigkeit beharrlich leugnet und gegenüber dem Arbeitgeber mehrfach die Unwahrheit sagt.

An dieser -das Prognoseprinzip betonenden- Rechtsprechung ist ungeachtet der Entscheidung des 2. Senats des BAG (Urt.v. 10.06.2010 -2 AZR 541/09-) festzuhalten, auch wenn der Senat dort alleine das "Prozess- Verhalten der Arbeitnehmerin gewürdigt hat.

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen Stellung eines Strafantrags

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen Stellung eines Strafantrags

BAG Urt.v. 15.12.16 -2 AZR 42/16- NJW 2017, 1833

Falls der Arbeitnehmer den Arbeitgeber oder einen Repräsentanten wegen einer vermeintlichen Straftat anzeigt, so gilt das grundsätzlich als Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Rechte, soweit nicht leichtfertig oder wissentlich falsche Angaben gemacht werden, stellt dies im Regelfall kein Fall dar, in welchem der Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigen darf.

Eine solche ist auch nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer einen Strafantrag stellt, weil er sich selbst durch eine Straftat verletzt fühlt. Kann aber der Arbeitnehmer selbst die Haltlosigkeit des Vorwurfes erkennen, so ist eine arbeitgeberseitige verhaltensbedingte Kündigung durchaus grds. gerechtfertigt.

Anhörung Betriebsrat bei verhaltendbedingter Kündigung

Kündigung, Anhörung Betriebsrat, Unterrichtung über Inteeressenabwägung

LAG Schleswig-Holstein v. 10.01.2012 -2 Sa 305/11-

Beabsichtigt der Arbeitgeber, ein Arbeitsverhältnis wegen Diebstahls oder des Verdachts des Diebstahls zu kündigen, hat er den in seinem Betrieb gebildeten Betriebsrat auch über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses und die von ihm vorgenommene Interessenabwägung zu unterrichten.

Der Arbeitgeber ist gehalten, dem Betriebsrat den bei Einleitung des Anhörungsverfahrens vorhandenen Ketnnisstand mitzuteilen. Dazu gehören auch entlastende Umstände bei Pflichtwidrigkeiten des Arbeitnehmers. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob die Weiterbeschäftigung zumutbar ist, lassen sich nicht abschließend festlegen. Jedenfalls gehören hierzu die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen -störungsfreier- Verlauf.

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