Krankheit im Arbeitsrecht: Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert

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Krankheit im Arbeitsrecht

Anwalt, Rechtsanwalt, Fachanwalt Arbeitsrecht Tilo C.L. Neuner-Jehle aus der NJR Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle - Stuttgart - informiert und berät Sie spezialisiert und qualifiziert im Arbeitsrecht:

Als Krankheit wird im arbeitsrechtlichen (auch sozialver-sicherungsrechtlichen) Sinne ein regelwidriger Zustand des Körpers oder Geistes bezeichnet, in welchem dieser Notwendigkeit der Krankenpflege oder Arbeitsunfähigkeit hervorruft.

Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall muss aber auch dann vorgenommen werden, wenn eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, welche noch in der Zukunft liegt, z.B. geplante Operation.

 

Ist der Arbeitnehmer krank und es tritt eine Arbeitsunfähigkeit infolge der Erkrankung ein besteht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist demgegenüber jedoch von der Erbringung seiner Arbeitsleistung befreit.

Streit kann nun darüber entstehen, ob ein Arbeitnehmer die Pflicht besitzt, dem Arbeitgeber dennoch z.B. telefonische Auskünfte über seinen Arbeitsplatz zu geben, z.B. über einen laufenden wichtigen Geschäftsvorgang.

m Regelfall sind jedoch selbst solche Auskünftsansprüche zu verneinen.

 

Der erkrankte Arbeitnehmer hat widerrum alles zu tun, um bald wieder gesund zu werden. Verzögert er den Heilungserfolg kann eine Pflichtwidrigkeit vorliegen (BAG Urt.v. 02.03.6 NZA-RR 2006, 636).

 

Die Kündigung während der Erkrankung ist zulässig !

 

Wird jedoch wegen der Erkrankung gekündigt und der Arbeitnehmer unterfällt dem Kündigungsschutzgesetz (länger als 6 Monate beschäftigt und mehr als 10 Arbeitnehmer), so kann die Kündigung sozial ungerechtfertigt sein.

Bei der Kündigung wegen Erkrankung ist wie folgt zu unterscheiden:

- langfristige Erkrankungen in der Vergangenheit

- wiederholte Erkrankungen in der Vergangenheit

- Reduzierte Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers

 

s. hierzu auch krankheitsbedingte Kündigung.

 

Sozial gerechfertigt ist eine Kündigung wegen einer langanhaltenden Krankeit, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit langfristig erkrankt war und nicht abzusehen ist, wann er wieder gesund wird und letztlich betriebliche Belange die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfordern.

Eine ordentliche (fristgerechte) Kündigung ist regelmässig dann sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Zukunftsprognose vorliegt, nach welcher die Erkrankung noch lange andauert (meist die nächsten 24 Monate).

Der Arbeitgeber muss jedoch grundsätzlich versuchen die Kündigung dadurch zu vermeiden, dass er die Arbeit umverteilt, bzw. Ersatzkräfte einstellt.

Je länger der Arbeitnehmer beschäftigt war, umso länger muss i.d.R. der Arbeitgeber warten, bis er wegen Krankheit kündigen darf.

 

Bei der Zukunftsprognose (wie lange der Arbeitnehmer noch krank ist und ob er überhaupt wieder gesund wird und seine Arbeit aufnehmen kann) ist im Regelfall auf die Auskunft des Arztes abzustellen.

Hier besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit beim Arbeitnehmer Auskunft über die weitere Dauer der Erkrankung zu verlangen und gegebenenfalls auch eine ärztliche Schweigepflichtsentbindungserklärung zu beanspruchen um abschätzen zu können, wie lange die Erkrankung noch mutmaßlich andauert.

Verweigert der Arbeitnehmer die Auskunft, so kann i.d.R. von einer negativen Zukunftsprognose ausgegangen werden.

 

Ist der Arbeitnehmer infolge der Erkrankung jedoch auf Dauer nicht mehr in der Lage seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, so hat er grundsätzlich zur Vermeidung einer Kündigung Anspruch auf einen sog. leidensgerechten Arbeitslatz, somit einen Arbeitsplatz, auf welchem er trotz Erkrankung einsetzbar ist.

Dieser Anspruch besteht jedoch nur, wenn ein solcher Arbeitsplatz existiert und nicht besetzt ist. Es ist dem Arbeitehmer nicht zumutbar, einen anderen Arbeitnehmer zu kündigen, um einen solchen Arbeitsplatz frei zu machen. 

Die Beweislast, dass es einen freien leidensgerechten Arbeitplatz gibt obliegt alleine dem Arbeitnehmer.

 

Bei häufiger kurzer Krankheit

ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn

- der Arbeitnehmer auch in der Vergangenheit öfters kurzzeitig erkrankt war,

- auch zukünftig mit weiteren Erkrankungen zu rechnen ist

- betriebliche Gründe für eine Kündigung sprechen (Belastung des Betriebes durch diese Erkrankungen)

- eine Umsetzung zur Vermeidung der Erkrankungen nicht möglich ist.

 

Wie lange und wie häufig ein Arbeitnehmer wegen kurzer Erkrankung fehlen muss und schon gefehlt hat, damit der Arbeitgeber kündigen kann wird sehr unterscheidlich von den Gerichten beurteilt. Es wird immer auf den Einzelfall abgestellt, weswegen ein Erfolg der Kündigung wegen deiser Erkrankungen schlecht prognostiziert werden kann.

Nach dem Bundesarbeitsgericht BAG) kann dies teils schon bei 14 % Felzeiten binnen der letzten 3 Jahre der Beschäftigung liegen.

Zu berücksichten ist aber immer, wie störungsfrei das Arbeitsverhältnis vor dem Beginn der häufigen Erkrankungen verlief und wie die Zukunftsprognose zu beurteilen ist. Für diese ist jedoch der Arbeitgeber beweispflichtig.

Nach Ausspruch der Kündigung eintretende Umstände (weitere Erkrankungen oder das plötzliche Ende der Erkrankungen sind nicht mehr zu berücksichtigen)

 

Wir eine Kündigung wegen Trunksucht (Alkoholismus) ausgesprochen, so wird diese nach den Grundsätzen der krankheitsbedingten Kündigung beurteilt.

Ist der Arbeitnehmer jedoch im Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung nicht zur Enthaltsamkeit bereit, bzw. zu Maßnahmen wie Entgiftung, Therapie, so ist mit einem Wiederholungfall zu rechnen.

 

Unter betrieblichen Gründen versteht man vor allem wesentliche Störungen im Arbeitablauf, Produktionsausfall, Verlust von Äufträgen, Personalengpaß, ...

 

Erkrankung und Nebenbeschäftigung

Wird während der Erkrankung eine Nebenbeschäftigung ausgeübt, so soll eine Kündigung nur dann gerechtfertigt sein, wenn hierdurch Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers beeinträchtigt sind.

Besucht der Arbeitnehemer Veranstaltungen, bei welchen er denselben Belastungen ausgesetzt ist, wie bei der Arbeit, so ist eine Kündigung im Regelfall gerechtfertigt.

 

Insbesondere ist eine Kündigung dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer ankündigt, er werde wegen Krankheit fehlen (z.B. wenn er keinen Urlaub erhält), oder sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschleicht.

 

Wiedereingliederung

Weitere Voraussetzung für die krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers ist der Nachweis, dass er eine Wiedereingliederung des Arbeitnehmers versucht hat.

Hier ist die Stellungnahme des Betriebsarztes oder des medizinischen Dienstes der Krankenkasse einzuholen. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist die Arbeitsunfähigkeit nach wie vor gegeben.

 

Arbeitsplatzwechsel

Empfiehlt der Arzt dringend aus gesundheitlichen Gründen einen Arbeitsplatzwechsel, dann berechtigt dies den Arbeitgeber einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen.

Gibt es keinen solchen Arbeitplatz, so ist die Kündigung gerechtfertigt. 

 

mehr zu Krankheit:



Erkrankung in der ersten vier Wochen

Erkrankt ein Arbeitnehmer in den ersten vier Wochen seit Beginn seiner Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber, so muss dieser das Gehalt zunächst nicht bezahlen. Hier gilt sodann § 3 EFZG. 

Hiernach gilt eine Wartezeit von 4 Wochen, bis der Anspruch auf Lohnzahlung entsteht.

Dauert das Arbeitsverhädltnis über den Zeitraum von 4 Wochen an, so hat der Arbeitnehmer ab dem ersten Tag der 5. Woche einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gegenüber seiner Krankenkasse, auch wenn er in den ersten 4 Wochen gar nicht gearbeitet hat.

 

Tritt die Erkrankung während dieser 4-wöchigen Wartezeit ein, so hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld gegenüber seiner Krankenkasse.

Neue Ersterkrankung, aber wer bezahlt ?

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - Einheit des Verhinderungsfalls

BAG Urt.v. 11.12.19 -5 AZR 505/18- NZA 2020, 446

  1. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 I 1 EFZG ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls).
  2. Wenn sich an eine “erste“ Arbeitsverhinderung in engem zeitlichen Zusammenhang eine dem Arbeitnehmer im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit dergestalt anschließt, dass die bescheinigten Arbeitsverhinderungen zeitlich entweder unmittelbar aufeinanderfolgen oder das zwischen ihnen lediglich eine für den erkrankten Arbeitnehmer arbeitsfreier Tag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt, besteht in der Regel ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines einheitlichen Versicherungsfalls.
  3. Der Arbeitnehmer hat als anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass die neue Erkrankung erst zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits beendet war, wenn der Arbeitgeber unter Berufung auf den Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls bestreitet, dass Arbeitsunfähigkeit infolge der „neuen“ Krankheit erst nach Beendigung der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist.

 

Das Vorliegen eines einheitlichen Versicherungsfalls ist nach dem BAG regelmäßig dann indiziert, wenn sich an eine erste Arbeitsverhinderung in engem zeitlichen Zusammenhang eine dem Arbeitnehmer im Wege der Erstbescheinigung attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit dergestalt anschließt, dass die bescheinigten Arbeitsverhinderungen zeitlich entweder unmittelbar aufeinanderfolgen oder das zwischen ihnen lediglich eine für den erkrankten Arbeitnehmer arbeitsfreier Tag oder ein arbeitsfreies Wochenende liegt. Bei solchen Sachverhalten ist es dem Arbeitgeber angesichts fehlender zwischenzeitlicher Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers nahezu unmöglich, konkrete Anhaltspunkte zur Erschütterung des Beweiswerts der ärztlichen Bescheinigung vorzutragen. Es ist deshalb dem Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung seiner Sachnähe zuzumuten, seine Behauptung, es lägen voneinander zu trennende Verhinderungsfälle vor, durch konkreten Vortrag zu den Krankheitsursachen sowie zum Ende bzw. Beginn der jeweiligen Arbeitsunfähigkeit zu konkretisieren und hierfür gegebenenfalls vollen Beweis zu erbringen.

 

Die rechtliche Bewertung in§ 1 I 3 EFZG ist eine durch Gesetz zugunsten des Arbeitgebers getroffene Ausnahmeregelung von dem allgemeinen Grundsatz der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Zwar muss der Arbeitnehmer, der innerhalb der Zeiträume des § 3 I 2 Nr. 1 und Nr. 2 EFZG länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist, darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt und - bestreitet der Arbeitgeber den Eintritt einer neuen, auf einem anderen grundleitend beruhende Krankheit - den Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Doch hat die Folgen der nicht Erweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung der Arbeitgeber zu tragen, weil nach der sprachlichen Fassung des § 3 I 2 EFZG ihn und nicht den Arbeitnehmer die objektive Beweislast trifft.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Betriebliches Eingliederungsmanagement, Verpflichtung zur Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung

LAG Hamm v. 04.07.2011 -8 Sa 726/11-

 

Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingleiderungsmanagement gem. § 84 Abs. 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des § 84 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gem. §§ 280, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 84 Abs. 2 SGB IX in Betracht.

Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrecht während der Arbeitnehmererkrankung

Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrecht während der Arbeitnehmererkrankung

BAG Urt.v. 02.11.16 -10 AZR 596/15- NZA 2017, 182

Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur dann anweisen zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen, wenn hierfür ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet und die persönliche Anwesenheit im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann.

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